Die Österreicherin im Islandpullover
Oft wird mir die Frage gestellt wie denn alles angefangen hat. Wie kam es eigentlich dazu, dass ich von der österreichischen Côte d’azur, oder Klagifornia, wie wir Klagenfurter*innen es auch gerne nennen, im kalten, dunklen Island gelandet bin.
Alles hat begonnen als ich mit 6 Jahren am Islandpferdehof Rapoldi auf den beiden Pferden Max und Mara reiten gelernt habe. Sollten ein paar Kärntner*innen den Beitrag lesen, dann kennt vielleicht die*er ein*e oder andere die beiden noch. Für mich sind es zwei Legenden. Dort habe ich auch schon bald zum ersten Mal etwas davon gehört, dass es auf Island üblich ist mit einer freilaufenden Herde durch das Land zu ziehen. Von da an, war es mein größter Traum.
Die Jahre zogen ins Land und ich würde euch gerne davon berichten, dass ich dem Islandpferd immer treu geblieben bin, doch das war nicht so. Eine Zeit lang bin ich Großpferde geritten und meine letzte reiterliche Station in Österreich war das Lusitano Gestüt Quinta do Sol in Graz. 2018 habe ich begonnen dort Reituntericht zu nehmen. Was ich dort gelernt habe, ist mit Gold nicht aufzuwiegen. Meine Reittrainerin Irene ist ein wahres Genie und hat mich reiterlich nochmal auf ein ganz anderes Level gebracht. Zu dieser Zeit war ich auch die stolze Besitzerin einer Lusitanostute namens Nevada. Nevada musste ich im Zuge der Erfüllung meines Traums verkaufen. Dies war eine der schwersten Entscheidungen, die ich je treffen musste.
Inzwischen habe ich mir allerdings meinen größten Traum schon mehr als einmal erfüllt. 2015 bin ich zum ersten Mal nach Island geflogen, um die Kjölur-Route zu reiten. Dabei habe ich Island von Norden nach Süden einmal durchquert. Meine Großeltern hatten mir die Reise bezahlt. Sie hatten etwas Geld für mich angespart, das ich für eine Reise meiner Wahl nutzen sollte.
Nach dieser Reise aber war klar, dass ich mit Island noch lange nicht fertig bin. So habe ich ein Praktikum auf meinem späteren Zuhause angefangen. Die ersten 3 Sommer hatte ich jedoch nur die Pferde und die Natur im Sinn. Und im 4. kam ich eigentlich nach Island, um hier etwas Detox zu betreiben. Nur die Natur, die Pferde und ich. Ich hatte mich im Winter davor von meinem langjährigen Freund getrennt und habe mich in den darauffolgenden Monaten etwas ausgelebt. Daher meine Idee zum Detox. So kam ich zum ersten mal als Single auf Kálfhóll an. Und dann ist es passiert, ganz unverhofft. Hannes, der Sohn des Farmers, den ich ja eigentlich schon jahrelang kannte, war letztendlich der Grund warum ich dauerhaft hier gelandet bin.
Ich bin also diesem Zeichen gefolgt und im Mai 2020, nach dem Abschluss meines Bachelors in Lehramt in Graz, komplett nach Island gezogen. Ich habe meinen Master an der Universität in Island gemacht und bin parallel voll ins Reittourenbusiness eingestiegen. Seitdem leiten Hannes und ich die Firma gemeinsam. Verfolgen unseren gemeinsamen Traum. Außerdem bin ich mittlerweile Mutter einer Tochter, der little Vikinglady, und die Bonusmutter einer Bonustochter. Sprich, Hannes hat eine Tochter aus einer vergangenen Beziehung mitgebracht.
Und ja, all das klingt wie ein Märchen. Und das ist es irgendwie auch. Aber es ist mir wichtig hier anzufügen, dass ich auch eine ganze Menge aufgeben musste, um dort zu landen, wo ich heute bin. Familie, Freunde, aber auch eine sichere Zukunft. Auch die Kulturen sind sehr verschieden. Aber ich fühle mich mittlerweile mehr isländisch als österreichisch. Und trotzdem vermisst man manchmal die alte, gewohnte Umgebung. Das ist allerdings eine andere Geschichte, die ich hier bestimmt zu einem passenden Zeitpunkt noch aufgreifen möchte.